Edle Rösser in den Wolken

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die Pegasi

 

Aus der Enzyklopaedia Bretonia

So soll nun die Geschichte erzählt sein, wie der edlen Rösser des Himmels, die Pegasi, Einkehr fanden in die Marsställe unserer Herren. Die Pegasi waren den Jägern und Waldläufern im Herzogtum Parravon wohlbekannt, jedoch nur selten ließen sie sich erblicken. Viele der Gemeinen hielten die geflügelten Rösser sogar für eine Mähr, zu später Stunde in der Taverne erzählt, sich zu brüsten. Woher sie kamen und wo Ihre Ruhstatt war, ob sie nun kriegerischen oder sanften Gemüts seine, war den Gelehrten von Bretonia nicht bekannt. Gar viele wundersame Legenden rankten sich um die Pegasi. Manche behaupteten, durch diese edlen Rösser vor den Untieren des Waldes oder gar Bestien des Chaos und streunenden Grünhäuten bewahrt worden zu sein. Wieder andere behaupteten in den Schenken, daß sie sich nur mit großer Müh´ und einer wilden Flucht eines Übels durch die Pegasi hatten erwehren können.

Vor langer Zeit jedoch, im Jahre 585 der Herrin (bretonnischer Kalender), ereigneten sich gar wundersame Dinge im Herzogtum Parravon. Es begab sich August Franz van der Straeten, Fürst des edlen Geschlechts der van der Straetens und Herzog von Parravon, auf eine Jagd zu hohem Ross ins Graue Gebirge. Der Jagdgesellschaft war jedoch 3 Tage lang kein Glück beschieden, gar nirgends zeigte sich ein Wild. Manche der Gemeinen munkelten an den Feuern des Lagers sogar von bösen Vorzeichen. Am nächsten Morgen jedoch sprengte ein gewaltiger Hirsch aus dem Dickicht, groß und furchtlos wie der Gott des Waldes, für wahr. Solch ein Wild ward seitdem niemals mehr gesehen in den Landen Bretonias.

Die Jagdgesellschaft, allen voran Herzog August Franz, nahmen direkt die Hatz auf, um den Hirsch zu erlegen. Dieser schien mit seinen Häschern ein Spiel zu treiben, in dem manchmal inne hielt und auf einer Lichtung die Ankunft der Jagdgesellschaft erwartete. Immer tiefer führte die Hatz in die dunkeln Wälder des Gebirges, so daß sich die Gesellschaft verlor; Troß und Nachhut verschwanden im Dunkel der Bäume. Die unheimliche Stille des Waldes wurde gar plötzlich von einem gewaltigen, wie die Ankunft der Herrin verkündetem Schrei eines wilden Kampfes unterbrochen. Der Hirsch war im Dickicht verschwunden und ward nie wieder gesehen.

Im Schutz der Bäume konnten Herzog August Franz und die flinkesten seiner Jäger einen verheerenden Kampf in den Wolken erblicken, vor dem unüberwindlichen Rücken der Berge. Ein gewaltiger Hippogreif und ein majestätischer Pegasus waren in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt. Scharfe Klauen und ein mächtiger Schnabel schossen hervor; herkulische Tritte, die eines ehrlichen Mannes Haus zerschmettern mochten, waren die Antwort. Mehrere Stunden währte dieser titanische Kampf im Gebirge, bis eine scharfe Klaue des Hippogreifen den Pegasus schwer versehrte, so daß dieser auf eine Lichtung hinabstürzte. Mit einem gewaltigen Schrei des Sieges stieß der Hippogreif aus den Wolken herab, um seinem Gegner den Todesstoß zu versetzen.

Herzog August Franz, überwältigt von der majestätischen Anmut und dem tapferen Kampf des körperlich weit unterlegenen Pegasus, befahl, diesem beizustehen. Aus dem Schutz des Waldes sandte die Jagdgesellschaft Schwärme von Pfeilen dem Hippogreif entgegen. Voll des Zorns stürzte sich dieser auf seinen neuen Feind, jedoch verhinderten die dichten Bäume, des Feindes habhaft zu werden. Wutentbrannt erhob sich das Monster schließlich in die Lüfte und ließ ab vom Feld seines Sieges.

Der Pegasus blutet aus vielen Wunden, die Flügel zerfetzt. Herzog August Franz befahl, dieses mächtige Tier in die Marsställe nach Parravon zu bringen, damit sich die Roßpfleger seiner annähmen. Nach dem Stillen der Wunden wurde der Pegasus unter großen Mühen der Gemeinen nach Parravon geschafft. Schwer waren seine Wunden, und die Roßpfleger machten dem Herzog August Franz nur wenig Hoffnung. Täglich verbrachte dieser viele Stunden im Stall und half mit eigenen Händen bei der Pflege des Pegasus, welcher allzeit seine wachen Augen auf ihn richtete.

Als sich das Jahr dem Ende neigte, erhob sich der Pegasus von seiner Statt und breitete seine stolzen Flügel aus. Von da ab unternahm Herzog August Franz viele Ritte auf dem Rücken des Pegasus und nahm persönlich seine Obhut vor. Nun wieder gesundet, ließ der Pegasus niemand weiteren als Herzog August Franz nah an sich heran. Ganz Parravon war überwältigt von der Anmut und majestätischen Stärke des Tieres, welches viele zuvor nur für eine Legende gehalten hatten.

Abendstern
Abendstern

Nachdem der Schnee des Grauen Gebirges geschmolzen war, erhob sich bei einem Ausritt der Pegasus in die Lüfte und flog hinweg in die Wolken. Die Berge kamen in greifbare Nähe. Herzog August Franz, voll Vertrauens in das Tier, dem er den Namen Abendstern gegeben hatte, ließ den Pegasus gewähren. Der Pegasus flog auf eine gewaltige Bergkette zu, in der sich jäh ein Spalt auftat. Wie ein Falke stieß Abendstern durch diesen Spalt im Berg, und sie kamen in ein Hochtal, im Herzen des Grauen Gebirges. Abendstern hatte Herzog August Franz in seine Heimat geführt!

So wundervoll erschien das Tal, als habe es die Herrin vom See mit Hilfe des heiligen Grals mit eigener Hand für diese göttlichen Geschöpfe geschaffen. Grüne Weiden und sanfte Hügel, klare Bäche und tiefe Seen erblickte er wie in den besten Landen Bretonias. Hier und dort durchzogen lichte Haine das gigantische Hochtal. Dieses war bewohnt vom Volk des Pegasi, tausende an der Zahl. Bei ihrer Ankunft strömten viele herbei und es wurde Herzog August Franz gewahr, daß er vorgestellt und die Geschichte der Pflege Abendsterns verkündet wurde, welcher wohl ein Hochgeborener unter den Pegasi zu sein schien. Als die Sonne den Zenit weit überschritten hatte, trug Abendstern Herzog August Franz wieder in die Tiefe nach Parravon. Er machte keinen Anstalten, ihn zu verlassen, was Herzog August Franz sehr glücklich stimmte, da er das Tier in sein Herz geschlossen hatte.

Noch viele Male trug Abendstern Herzog August Franz in das verborgene Tal der Pegasi. Dieser erkannte natürlich neben dem warmen Gefühl der Freundschaft, welches er für diese Tiere empfand, auch den Nutzen im Kampfe, die solche Verbündete den Rittern Bretonias verleihen würde. So wurde mit offensichtlicher Duldung der Pegasi und Abendsterns, eine kleine Siedlung am Beginn des Tals gegründet. Zu Beginn lebten dort nur Roßpfleger und Schmiede, die den Pegasi bei kleineren Verletzungen und der Pflege der Hufe behilflich waren und diesen liebgewannen. Auch die Pegasi gewannen rasch Vertrauen zu den Menschen.

Im Folgenden entsandte Herzog August Franz einige ausgewählte Jünglinge adliger Familien in die Siedlung, welche nun mit einigen Fohlen der Pegasi starke Bande knüpften. Herzog August Franz hatte erkannt, das nur starke Beziehungen von Liebe und Freundschaft, ähnlich wie er mit Abendstern, Ritter und Pegasus für eine Schlacht zu binden vermochte. Die Fohlen der Pegasi sind kaum von denen der Rösser Bretonias zu unterscheiden. Die Knochen der Flügel liegen noch eng am Körper, diese entwickeln sich erst im dritten Lebensjahr.

Die Jünglinge leben mit älteren Lehrern und erfahrenen Roßpflegern in der Siedlung. Den Jünglingen obliegt die Pflege von Fohlen Pegasi, zudem erzieht man sie zu würdigen Rittern Bretonias. Dabei läßt man die Pegasi, soweit der Mensch es vermag, in Freiheit wandeln, um den stolzen Edelmut der Tiere zu bewahren und zu stärken. Sind Jüngling und Pegasus herangewachsen, bilden sie ein mächtiges Gespann, vor dem die Feinde Bretonias erzittern.

Nach dem Tode des großen Herzogs August Franz van der Straeten erhob sich Abendstern in die Lüfte und ward nie mehr gesehen. Seit diesen Tagen wird nun diese Siedlung im verborgenen Tal der Pegasi unterhalten, welches nur wenigen Hochgeboren bekannt ist. Die Zucht der Pegasi und das Ausbilden der nun als Pegasus-Ritter bekannten jungen Adligen sind nun untrennbar mit der Ehre des Geschlechts der van der Straetens sowie dessen Kampf zu Bewahrung Parravons und Bretonias verbunden.

Die Pegasus-Ritter eilen auf Bitten des Königs von Bretonias, seiner Herzöge oder der Herrin vom See durch die Lüfte zu den Schlachtfeldern, um die Ehre und den Fortbestand Bretonias und seiner heiligen Stätten zu sichern.

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