Fürst der Kiefern

-

Meandor

 

Meandor, Sohn des Marélhûn, ist der Lord und Hochgeborene der Sippe der Kiefernlichtung in Athel Loren. Das Gebiet dieses einflußreichen Klans der Waldelfen liegt weit im Osten des Reiches, an den Ausläufern des Grauen Gebirges.

Da sich sein Klan neben dem Schutz der altehrwürdigen Kiefern besonders der Hege der Tiere des Waldes verschrieben hat, war Meandor schon in frühesten Zeiten in engem Kontakt mit Hirschen, Wieseln, Hasen und Elfenrössern. Derart vertraut war er mit diesen Tieren, daß sein Vater Marélhûn gar befürchtete, sein Sohn werde von Orion als Tierbändiger erwählt.

Doch ein Hochgeborener zu sein verlangt das Zurückstellen von eigenen Interessen zum Wohl der Sippe und des Volkes. Von Kindesbeinen an wurde Meandor daher schon im Umgang mit den Waffen der Asrai trainiert, dem Langbogen, dem Speer und dem Schwert. Neben dieser Ausbildung zum Krieger hatte er auch die Geheimnisse der Waldes und seiner Pflanzen, die Geschichte der Elfen und der Asrai sowie die hohe Kunst der Politik zu erlernen. Auch wenn Meandor seine freie Zeit lieber mit den Tieren des Waldes verbrachte, nahm er seine Bestimmung und seine Ausbildung jedoch sehr ernst und tat sich bald in allen Disziplinen hervor. Zur Feier der Gwaith-ia, die den Übergang in das Mannesalter darstellt, war Meandor bereits ein weit über die Grenzen seiner Sippe hinaus bekannter mächtiger Krieger und listiger Waldläufer. Keiner seines Altes konnte sich mit ihm an Wissen oder im Kampf messen.

Nun war es an der Zeit, ein würdiges Reittier zu finden. Wie bei allen Elfen herrscht auf in Athel Loren eine tiefe Zuneigung und ein starkes Band zwischen Reiter und Reittier. Die Auswahl muß ebenfalls vom Reittier akzeptiert werden. Dies ist ein schwieriger Prozeß, denn erst einmal muß herausgefunden werden, von welcher Art das Reittier ist, dann muß das passende Tier gefunden werden. Zu diesem Zweck wird für die jungen Männer der Kiefernlichtung eine besondere Zeremonie abgehalten, bei welcher die Aspiranten mittels magischer Getränke aus den Wurzeln der Kiefern und Beschwörungsgesängen der Zauberweber in eine Art Ekstase verfallen, in deren Verlauf sich Visionen offenbaren, welche zum gewünschten Reittier führen. Im Falle von Meandor geschah jedoch etwas seltsames, welches den Zauberwebern viele Rätsel aufgab. In Meandors Vision erschienen gleich 4 Tiere, ein gewaltiger Drache, ein mächtiger Adler, ein edles Roß und ein Geschöpf, daß eine Mischung der letzteren beiden zu sein schien. Diese war sehr ungewöhnlich, wurde aber letzten Endes als gute Omen gewertet, da Drachen nur von den tapfersten und edelsten der Asrai bestiegen werden können.

Ein edles Roß konnte Meandor recht bald finden. Unter den Fohlen war ein kränkliches Füllen von ungewöhnlicher schwarzer Farbe, welches Meandor jedoch auf magische Weise in sein Herz geschlossen hatte, obwohl ihm alle zu einem anderen Pferd rieten. Die nächsten drei Jahre verbrachte Meandor fast ausschließlich mit der Pflege und Bewegung dieses Fohlens, welches sich zu einer prächtigen Stute entwickelte, der Meandor den Namen Curufeviën gab. Zusammen reiten sie so schnell wie der Wind durch den Wald, und selbst die Reiter der Sippe der Equos oder die Wilde Jagd des Kurnous vermag kaum, ihnen zu folgen.

Viele Monate verbrachte Meandor in den Hängen des Grauen Gebirges, unweit der Horste der Riesenadler auf der Suche nach einem Zeichen. Da bemerkte er ein besonderes Nest. Es schien keine Eltern für die kleinen Adler zu geben. Vermutlich waren sie die Opfer des blutigen Kampfes im Frühling, mit dem eine marodierende Orkhorde zurückgeschlagen wurde. Ein Küken machte sich täglich auf den Weg, bei anderen Horsten Futter für sich und seine Geschwister zu erbetteln, deren Anzahl jedoch schon auf insgesamt drei Küken zusammengeschrumpft war. Von nun an versorgte Meandor dieses sich um den Horst kümmernde Küken täglich mit Fleisch, und es wuchs zu einem gewaltigen Adler heran, der Galilhûn genannt wird und als einer der stärksten Riesenadler einen großen Teil deren Population beherrscht. Er akzeptiert nur Meandor als Reiter, und auf einen Ruf von ihm stößt Galilhûn auf die Kiefernlichtung herab, um mit Meandor dessen Reich zu erkunden oder sich auf den Feind zu stürzen.

Die Wahl eines Walddrachen ist jedoch ein deutlich schwierigeres Unterfangen. Auch wenn sich die Bestien als Teil des Waldes ansehen und die Asrai ebenfalls als solche akzeptieren, sind die Walddrachen jedoch lieber unter sich und begegnen den Waldelfen oft übellaunig. Das Vertrauen und die Freundschaft eines Walddrachen zu erlangen ist nur wenigen vorenthalten. Dementsprechend abweisend verhielten sich die Drachen Meandor gegenüber, der sich bereits Sorgen zu machen begann, jemals eine Beziehung zu diesen Tieren aufbauen zu können. Dann geschah jedoch etwas Ungeheuerliches. Ein wahnwitziger Bär drang in der Nacht in das Tal der Walddrachen ein und nutze einen Moment der Unaufmerksamkeit, um eines der unschätzbar wertvollen Dracheneier zu rauben. Jedoch hatte er mit Meandor sehr bald einen der besten Jäger der Asrai auf den Fersen, welche den Bären kurze Zeit später mit einem gezielten Pfeil ins Herz niederstreckte und das Ei unbeschädigt zurückbringen konnte. Dies änderte natürlich die ganze Situation grundlegend, und von nun an war Meandor ein gern gesehener Gast im Tal der Walddrachen. Aus dem Ei entschlüpfte ein gesunder Jungdrache, der sich im Laufe der Zeit zu einem mächtigen Vertreter seiner Art mauserte. Meandor nannte den Drachen Nydhogg, und es entwickelte sich ein festes Band gegenseitigen Vertrauens und Respekts. Schon oft hat man nun Nydhogg und Meandor zusammen auf dem Schlachtfeld erblicket, die Feinde der Asrai zerschmetternd. Kein Gegner konnte bislang der geballten Kraft von Krieger und Bestie widerstehen. Niemand außer Meandor weiß jedoch, daß Nydhogg ein Weibchen ist und einen Sohn Thalui-Sethais austrägt, des gefürchteten grünen Drachen des legendären Caledorers Asarnil.

So ist Meandor ein weiser und kampfgewaltiger Elf geworden, der zudem über drei mächtige Reittiere verfügt. In ganz Athel Loren ist er geachtet und Marélhûn war mit Stolz auf seinen Sohn erfüllt. Nach seinem Verscheiden würde die Sippe der Kiefernlichtung in guten Händen sein.

Der vierte Teil der Vision allerdings blieb lange Zeit ein Rätsel. Nach einigen Jahren jedoch geschah ist, daß Meandor die Freundschaft eines bretonischen Ritters gewann, und sich aus dieser Zusammenkunft die Geburt zwei besonderer Fohlen ergab, von denen eines Meandor als Zeichen des Bundes zwischen der Stadt Parravon in Bretonia und der Sippe der Kiefernlichtung dem Ritter überreichte. So wurde dann auch Meandor in das geheime Tal der Pegasi im Grauen Gebirge geführt, welches der Kontrolle Parravons untersteht. Meandor hatte in seinem Leben noch nie ein solch anmutiges Tier erblickt. Von Siegfried van der Straeten, Sohn des Herzogs von Parravon, erhielt er ein Fohlen der Pegasi, welches nun in der Kiefernlichtung lebt und das einzige seiner Art in ganze Athel Loren ist, zum Stolz der ganzen Sippe. Seitdem sattelt Meandor oft seinen getreuen Pegasus Tiliwaen, um die umgebenden Länder der Kiefernlichtung zu inspizieren und vor möglichen Feinden zu beschützen.

Nach dem Tode seines edlen Vaters Marélhûn nahm Meandor seinen Platz als Hochgeborener der Sippe der Kiefernlichtung ein und gilt in ganz Athel Loren als mächtiger Kämpfer, kluger General und weiser Anführer. Sein Wort im Rat der Lichtung der Könige hat großes Gewicht, und auch Orion und Alarielle, König und Königin des Waldes, vertrauen seinem Urteil.

 

 

Zurück zur Sippe der Kiefernlichtung